Restschuldbefreiung - was ist das, was ist zu tun, was ist zu beachten?

  • Durch die Restschuldbefreiung werden sämtliche Verbindlichkeiten (mit wenigen Ausnahmen) gelöscht
  • Um die Restschuldbefreiung zu erreichen, muss ein gerichtliches Insolvenzverfahren beantragt und durchlaufen werden
  • Man unterscheidet zwischen Privatinsolvenz und Regelinsolvenz
  • Die Restschuldbefreiung wird nach 3 Jahren durch das Insolvenzgericht ausgesprochen
  • Während dieser 3 Jahre sind diverse Obliegenheiten zu erfüllen. Das pfändbare Vermögen und Einkommen wird durch einen Insolvenzverwalter eingezogen und verwertet

Im Einzelnen:

Bereits seit 1999 besteht auch für natürliche Personen die Möglichkeit, ein Insolvenzverfahren in Anspruch zu nehmen. Ziel des Insolvenzverfahrens ist die sog. Restschuldbefreiung, also eine umfassende Befreiung aller Schulden, wodurch dem Betroffenen ein persönlicher und vor allem wirtschaftlicher Neustart ermöglicht wird.


Privatinsolvenz, Verbraucherinsolvenz, Regelinsolvenz


Man unterscheidet zwei verschiedene Arten von Insolvenzverfahren: Die Privat- bzw. Verbraucherinsolvenz sowie die Regelinsolvenz. Die Privatinsolvenz richtet sich an natürliche Personen, die nicht selbständig tätig sind, also z. B. Angestellte, Arbeiter, Rentner, alleinerziehende Hausfrauen, Erwerbslose etc. Die Regelinsolvenz ist einschlägig für aktuell Selbständige sowie ehemals Selbständige. Wurde die selbständige Tätigkeit bereits beendet, ist ausnahmsweise das Privatinsolvenzverfahren einschlägig, falls die Vermögensverhältnisse des Betroffenen überschaubar sind (d. h. es sind weniger als 20 Gläubiger vorhanden) und keine Verbindlichkeiten aus Arbeitsverhältnissen (z.B. ausstehende Sozialversicherungsbeiträge für ehemalige Arbeitnehmer) bestehen. Die Restschuldbefreiung kann sowohl bei der Privatinsolvenz als auch bei der Regelinsolvenz beantragt werden.

Wie beantragt man die Restschuldbefreiung?


Der Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung ist zusammen mit einem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Privatinsolvenz oder Regelinsolvenz) beim Insolvenzgericht zu stellen, in dessen Bezirk der Antragssteller seinen Wohnsitz hat. Im Bereich der Privatinsolvenz besteht Formularzwang, d. h. der Antragsteller muss ein ganz bestimmtes Antragsformular benutzen. In der Regel stehen diese Formulare auf der Internetseite des zuständigen Insolvenzgerichts zum Download bereit. Bevor der Privatinsolvenzantrag bei Gericht eingereicht werden kann, muss ein sog. außergerichtlicher Einigungsversuch durchgeführt werden.

Außergerichtlicher Einigungsversuch


Ein Antrag auf Eröffnung der Privatinsolvenz ist erst zulässig, wenn der Antragsteller ein außergerichtliches Einigungsverfahren versucht hat und dieser Versuch gescheitert ist. Auf Basis eines Regulierungsplans, in den alle Gläubiger und Forderungen des Betroffenen aufgenommen werden, ist den Gläubigern ein Regulierungsangebot zu unterbreiten. Wird dieses Angebot von einem oder mehreren Gläubigern abgelehnt, ist der Betroffene berechtigt, den Insolvenzantrag bei Gericht einzureichen. Das Scheitern des außergerichtlichen Einigungsversuchs ist von einer geeigneten Stelle zu bestätigen, z. B. von einem Rechtsanwalt, der das außergerichtliche Einigungsverfahren für den Antragsteller durchgeführt hat. Diese Bestätigung ist dem Insolvenzantrag beizufügen. Bei einem entsprechend guten Regulierungsangebot kann es natürlich vorkommen, dass alle beteiligten Gläubiger das außergerichtliche Regulierungsangebot des Betroffenen akzeptieren. In diesem Fall ist die Beantragung der Insolvenz nicht mehr erforderlich.

Der Insolvenzantrag wurde eingereicht, wie geht es weiter?


Ist der Insolvenzantrag vollständig und zulässig, eröffnet das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Betroffenen. Die Bearbeitungsdauer ist von Gericht zu Gericht unterschiedlich, in der Regel werden Insolvenzanträge aber sehr zügig bearbeitet, so dass eine Eröffnung bereits innerhalb weniger Tage erfolgen kann. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens setzt das Insolvenzgericht eine(n) Insolvenzverwalter(in) ein. Aufgabe des Insolvenzverwalters ist insbesondere die Wahrung der Gläubigerinteressen während des Verfahrens. Ist beim Betroffenen noch pfändbares Vermögen vorhanden, z. B. ein Kraftfahrzeug oder eine Lebensversicherung, wird der Insolvenzverwalter diese Vermögenswerte verwerten und den Erlös der Insolvenzmasse zuführen. Unter Insolvenzmasse ist vereinfacht gesagt ein Bankkonto zu verstehen, das der Insolvenzverwalter für den Schuldner einrichtet und auf das das gesamte pfändbare geldwerte Vermögen des Schuldners eingezahlt wird. Weiterhin wird der Insolvenzverwalter den Arbeitgeber des Betroffenen kontaktieren und auffordern, eventuell pfändbares Einkommen ab sofort an den Insolvenzverwalter abzuführen. Weitere wichtige Aufgabe des Insolvenzverwalters ist die Prüfung der angemeldeten Forderungen der beteiligten Gläubiger.

Insolvenzverfahren / Restschuldbefreiungsverfahren / Wohlverhaltensphase


Hat der Insolvenzverwalter alle ihm obliegenden Aufgaben erledigt, teilt er dies dem Insolvenzgericht mit. Sodann wird das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren aufheben. Dies geschieht mit einem Beschluss, der natürlich an den Betroffenen übermittelt wird. Mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens beginnt das Restschuldbefreiungsverfahren bzw. die sog. Wohlverhaltensphase. Stand während des Insolvenzverfahrens noch das gesamte pfändbare Vermögen des Betroffenen der Insolvenzmasse zu, beschränkt sich dieser Zugriff im Rahmen der Wohlverhaltensphase nur noch auf das pfändbare Erwerbseinkommen des Betroffenen und auf eine eventuell eintretende Erbschaft oder Schenkung (jedoch jeweils begrenzt auf die Hälfte des Wertes). Des Weiteren ist ein Spielgewinn (zum vollen Wert) an die Insolvenzverwaltung herauszugeben.

Obliegenheiten während des Insolvenz- bzw. Restschuldbefreiungsverfahrens


Es versteht sich von selbst, dass nur derjenige Schuldner in den Genuss der Restschuldbefreiung kommen kann, der allen erforderlichen Obliegenheiten während des Insolvenz- bzw. Restschuldbefreiungsverfahrens nachkommt. Die herausragendste und wichtigste Obliegenheit ist die sog. Erwerbsobliegenheit. Der Betroffene muss sowohl während des Insolvenz- als auch während des Restschuldbefreiungsverfahrens seine Arbeitsleistung so gut als möglich einsetzen und bestenfalls einer Vollzeittätigkeit nachgehen. Ist der Betroffene erwerbslos oder wird er während des Verfahrens erwerbslos, muss es sich mit aller Kraft um eine neue Beschäftigung bemühen. Kernpunkt des Insolvenz- und Restschuldbefreiungsverfahrens ist die insolvenzrechtliche Lohnabtretung des Schuldners. Im Rahmen des Insolvenzantrags tritt der Antragsteller sein pfändbares zukünftiges Einkommen an den Insolvenzverwalter ab. Der Insolvenzverwalter nutzt dieses Geld vorrangig zur Begleichung der Verfahrenskosten. Wird darüber hinaus Insolvenzmasse gebildet, erfolgen Auszahlungen an die beteiligten Gläubiger. In der Regel ist bei Betroffenen, die das Insolvenzverfahren in Anspruch nehmen müssen, kein pfändbares Vermögen mehr vorhanden, das durch den Insolvenzverwalter verwertet werden könnte. Insoweit ist das Erwerbseinkommen des Schuldners oftmals die einzige Quelle, aus der Geld für die Insolvenzmasse generiert werden kann. Aus diesem Grund erklärt sich, dass der Erwerbsobliegenheit des Schuldners besondere Bedeutung und besonderes Gewicht beigemessen wird.

Wie lange dauert das Insolvenzverfahren? Wann wird die Restschuldbefreiung erteilt?


Die Erteilung des Restschuldbefreiung erfolgt für alle Insolvenzverfahren, die ab dem 01.10.2020 beantragt wurden, nach drei Jahren (seit Eröffnung des Verfahrens). In den (bereits laufenden) Verfahren, die vor dem 01.10.2020 beantragt wurden, ist Restschuldbefreiung nach drei, fünf oder sechs Jahren möglich. Nach drei Jahren erfolgt die Restschuldbefreiung, wenn der Schuldner innerhalb dieser ersten drei Jahre nach Insolvenzeröffnung mindestens 35 % der angemeldeten Gläubigerforderungen und die Kosten des Insolvenzverfahrens (Kosten des Insolvenzverwalters und des Insolvenzgerichts) beglichen hat. Nach fünf Jahren erfolgt die Restschuldbefreiung, wenn der Schuldner innerhalb dieser ersten fünf Jahre zumindest die Kosten des Insolvenzverfahrens beglichen hat. In allen anderen Fällen erfolgt die Restschuldbefreiung nach sechs Jahren. Ob der Schuldner ein drei-, fünf- oder sechsjähriges Insolvenzverfahren anstrebt, kann und musste im Insolvenzantrag nicht angegeben werden. Stellt sich während des Verfahrens heraus, dass eine Verkürzung der Verfahrensdauer auf fünf oder gar drei Jahre in Betracht kommt, sollte der Schuldner rechtzeitig vor Ablauf der entsprechenden Verfahrensdauer mit dem Insolvenzverwalter Kontakt aufnehmen, um abzuklären, ob die Voraussetzungen für eine Verfahrensverkürzung vorliegen. Die vorzeitige Erteilung der Restschuldbefreiung ist dann ausdrücklich beim Insolvenzgericht zu beantragen. Ohne einen entsprechenden Antrag wird das Verfahren weiterlaufen.

Welche Verbindlichkeiten werden nicht von der Restschuldbefreiung erfasst?


Es gibt Forderungen, die nicht von der Restschuldbefreiung erfasst werden. Zu nennen wären diesbezüglich insbesondere Geldstrafen und Geldbußen. Ferner können unter bestimmten Voraussetzungen sog. vorsätzliche unerlaubte Handlungen, Unterhaltsschulden und Forderungen des Finanzamts, die auf einer Steuerhinterziehung beruhen, nicht von der Restschuldbefreiung erfasst werden. Kommen solche Forderungen in Betracht, obliegt es dem jeweiligen Gläubiger die Forderung auch als vorsätzliche unerlaubte Handlung beim Insolvenzverwalter anzumelden. Versäumt er dies, was durchaus häufig der Fall ist, wird die Forderung von der Restschuldbefreiung erfasst. Erfolgt die Anmeldung als vorsätzliche unerlaubte Handlung, kann der Schuldner hiergegen Widerspruch einlegen. In einem weiteren Verfahren wird dann geprüft, ob eine vorsätzliche unerlaubte Handlung vorliegt oder nicht.

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Hinweis:
Die vorstehenden Ausführungen wurden nach bestem Wissen und der erforderlichen Sorgfalt erstellt. Gleichwohl wird für Inhalt, Richtigkeit und Vollständigkeit keine Gewähr übernommen. Verbindliche und belastbare Auskünfte können nur nach eingehender Betrachtung des Einzelfalles und nach Erteilung eines entsprechenden Mandats erteilt werden. Ich danke für Ihr Verständnis.